Deutschland kann ein geeigneter Standort für Olympische und Paralympische Sommerspiele sein. Für eine Bewerbung gilt nicht „Dabei sein ist alles“: Es müssen wichtige soziale, infrastrukturelle und ökologisch-nachhaltige Voraussetzungen erfüllt sein.
Wir sehen die Chance, dass die Ausrichtung der Sportgroßereignisse in diesem Format wesentliche Veränderungen für eine klimagerechte Welt vorantreiben kann und dass Spiele ab 2040 als Vorbild nachhaltiger Umgestaltung gelingen können. Mit einer Bewerbung um die Ausrichtung dieser Spiele müsste Deutschland seine Vorbildrolle für soziale Standards und Menschenrechte im Besonderen in den Vordergrund stellen. Die Olympischen und Paralympischen Spiele in Deutschland müssen alle 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erfüllen und damit über den Wettkampfzeitraum hinaus eine nachhaltige Verbesserung für die ausrichtenden Regionen schaffen. Nachhaltigkeit kann nicht unter dem Ablasshandel einer Kompensation laufen. Deutschland müsste sich mit einem nachhaltigen Konzept ohne Gigantismus um die Durchführung von olympischen und paralympischen Spielen bewerben.
Auch wir sprechen uns gegen Neubauten von Wettkampfstätten aus. Wenn Sportstätten für die Spiele in Deutschland saniert werden, sind Barrierefreiheit sowie Klimaneutralität unumgängliche Standards. Die Baumaßnahmen müssen dem Breitensport vor Ort zu Gute kommen und dürfen nicht nur z.B. temporäre Ausweitungen von Tribünen beinhalten. Ein besonderes Augenmerk muss auf die energetische Sanierung von Sportstätten gelegt werden, um Klimaneutralität bei der Austragung zu gewährleisten. In Zeiten der Wohnungsnot und der ökologischen Umgestaltung von Innenstädten kann ein Olympisches/Paralympisches Dorf nur Vorbild für eine grüne und soziale Quartiersentwicklung sein. Die notwendigen Infrastruktur-Investitionen müssen im Vorfeld aufgelistet werden und von der Bundesrepublik bedarf es nach realistischer Einschätzung der Möglichkeiten eine verbindliche Finanzierungszusage an die Länder.
Sportgroßereignisse sind Auslöser für gesteigerte Mobilität. Diese Herausforderung muss rechtzeitig durch eine quantitative und qualitative Verbesserung des gesamten europäischen Zugverkehrs angenommen werden. Für Publikum und Sportler*innen soll emissionsfreier Fernverkehr und Transfer zu den Wettkampfstätten und Trainingsorten Standard sein.
Eine Teilnahme an olympischen oder paralympischen Spielen ist nicht nur Ziel vieler Leistungssportler*innen, auch für den Breitensport und die Gesellschaft entsteht eine Strahlkraft über den Wettkampfzeitraum hinaus. Insbesondere im Vorfeld können dauerhaft leistungsfähige Strukturen geschaffen werden, die einen Athlet*innenzentrierten Leistungssport ermöglichen. Das Ziel, mit der Ausrichtung der Spiele in ganz Deutschland Sportbegeisterung auszulösen und sich mit der Gastgeber*innenrolle zu identifizieren, muss durch Beteiligung der Bevölkerung an der Planung der Spiele in einem demokratischen Prozess, über Öffentlichkeitsarbeit der Verbände des organisierten Sports, aber auch durch vielfältige Aktionen im öffentlichen Raum gefördert werden. Auch hier wird deutlich, dass für ein Gelingen olympischer Spiele und ein Nutzen der gesamten Bevölkerung massiv in die Sportinfrastruktur investiert werden muss. Wenn olympische Spiele vermehrte Sportbegeisterung auslösen, dann müssen die Vereine und Verwaltungen ausgestattet sein, um allen die Teilhabe im organisierten Sport zu ermöglichen.
Die Bundesregierung muss vollständige Transparenz bei den Absprachen mit dem IOC ermöglichen. Die steuerrechtlichen Sonderregelungen für das IOC und die mit ihm verbundenen Unternehmen sind kritisch zu hinterfragen. Diese Vereinbarungen müssen vor der Bewerbung um olympische und paralympische Spiele in Deutschland auf Ihre Wirkung überprüft werden. Wir erwarten außerdem vom IOC eine kritische Aufarbeitung ihrer Korruptionsskandale. Der DOSB steht in der Verantwortung: Die bisherigen Bemühungen um eine progressive Olympia-Bewerbung sind schlicht nicht ausreichend.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begleiten die Bewerbungsunterlagen des DOSB kritisch und konstruktiv.
26.09.2023
Autor*innen:
Henning Eickmeyer, Sprecher BAG
Thea-Helene Gieroska, Sprecherin BAG
Maryam Blumenthal, MdHB
Beppo Brem, Stadtrat München
Klara Schedlich, MdA Berlin
Anne Sehl Stadträtin Leipzig
Hedwig Tarner, MdL Nordrhein-Westfalen
Weitere Unterstützer*innen von Bündnis 90/Die Grünen:
Birgit Stupp, Stellv. Sprecherin BAG
Oliver Camp Stellv. Sprecher BAG
Petra Häffner MdL, Baden-Württemberg
Michael Lühmann MdL Niedersachsen
Nadja Weippert MdL, Niedersachsen
Vanessa Gronemann, MdL Hessen
Dennis Helmich, Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt
Anna Johannsen, Beisitzerin Landesvorstand Sachsen
Ulla Chwalisz, LAG-Sprecherin Bayern
Felix Bach, LAG-Sprecher Niedersachsen
Anna Crumbach LAG-Sprecherin Sachsen
Natascha Kauder, LAG-Sprecherin Hessen
Behzad Borhani, LAG-Sprecher Hessen
Monika Lazar, KV Leipzig
Andreas Tesche, Mitglied der Bürgerschaft Rostock
Ralf Klemm, Sportpolitischer Sprecher der GRÜNEN im Kölner Rat
Rainer Bode, KV Münster, Sprecher Rathaus
Jan-Gerrit Keil, LAG Berlin
René Scherf KV Paderborn
Max Schwetz, LAG Hessen
Oliver Böhme, LAG Sachsen
Jutta Koller, LAG Bayern
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